Geringe Anforderungen an Patientenvortrag bei hypothetischer Einwilligung

Beruft sich der behandelnde Arzt bzw. die behandelnde Ärztin im Falle einer fehlerhaften Eingriffsaufklärung darauf, dass der Patient bzw. die Patientin auch im Falle einer zutreffenden Aufklärung in die betreffende Maßnahme eingewilligt hätte („hypothetische Einwilligung“), so trifft ihn/sie die Beweislast für diese Behauptung, wenn der Patient bzw. die Patientin zur Überzeugung des Tatrichters/der Tatrichterin plausibel macht, dass er bzw. sie – bei ordnungsgemäßer Aufklärung – vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte. Dabei dürfen an die Substantiierung des Patient(inn)envortrags allerdings keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Darüber hinausgehend muss der Patient bzw. die Patientin jedenfalls nicht plausibel machen, dass er bzw. sie sich im Falle einer ordnungsgemäßen Aufklärung auch tatsächlich gegen die durchgeführte Maßnahme entschieden hätte.
Im entschiedenen Fall sah der BGH bei einer Abwägung des geringeren Risikos für Nervenschäden gegenüber dem Nachteil stärkerer Schmerzen und stärker eingeschränkter Mobilität einen echten Entscheidungskonflikt gegeben.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 07.12.2021 – VI ZR 277/19