Kürzere Prüffristen durch TSVG – Ausschluss einer späteren Rückforderung ggfls. bereits nach zwei Jahren

Gesetzliche Festlegung einer Ausschlussfrist für Prüfungen, Änderungen durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), in Kraft getreten am 11. Mai 2019

Wichtige Änderungen für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer/Ärzte:

Sowohl im Bereich der Wirtschaftlichkeitsprüfungen (vgl. §§ 106, 106 a – 106c iVm 12 SBG V, gemeinsame Selbstverwaltung) wie auch Abrechnungsprüfungen (vgl. § 106 d SGB V, sog sachlich-rechnerische Berichtigung) müssen die Festsetzung einer Kürzung für unwirtschaftliche ärztliche Leistungen nunmehr grs. innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheids erfolgen.

Wirtschaftlichkeitsprüfung
§ 106 Abs. 3 Satz 3 SGB V neu eingefügt durch das TSVG:

Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend.“

Dies könnte – nach Prüfung etwaiger Ausschlusstatbestände, vgl. unten – zu Verfahrenseinstellungen aus formellen Gründen führen, da bereits die Lieferung der zu prüfenden Daten teilweise deutlich länger als ein halbes Jahr dauert. Ferner wurde die Zufälligkeitsprüfung, die bisher mindestens 2% der Ärzte je Quartal umfassen musste, geändert: sie erfolgt nur noch auf begründeten Antrag einer einzelnen Krankenkasse, mehrerer Krankenkassen gemeinsam oder der Kassenärztlichen Vereinigung, § 106a Abs. 1 S. 1 SGB V.

Abrechnungsprüfung (sachl.-rechnerische Richtigstellung)

Die Kassenärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen fest; dazu gehört auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität, auf Einhaltung der Vorgaben nach § 295 Absatz 4 Satz 3 sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten, vgl. § 106 d Abs. 2 S. 1 SGB V.


§ 106d Abs. 5 Satz 3 SGB V neu eingefügt durch das TSVG:

Die Maßnahmen, die aus den Prüfungen nach den Absätzen 2 bis 4 folgen, müssen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides festgesetzt werden; § 45 Absatz 2 des Ersten Buches gilt entsprechend.“

Damit halbiert das TSVG die vom Bundessozialgericht entwickelte, bislang geltende Ausschlussfrist von vier Jahren.  Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Regelungen grs. erst auf Honorarbescheide (HonB) anwendbar sind, die nach Inkrafttreten des TSVG ergangen sind, vgl. dazu BSG, Urteil vom 15. Mai 2019 – B 6 KA 63/17 R: Eine Übergangsbestimmung, die die rückwirkende Geltung anordnet, enthält das TSVG nicht; im Gegenteil wird in der Begründung des Ausschusses für Gesundheit (BT-Drucks 19/8351 S 196 – zu Nr 59) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verkürzung der Ausschlussfrist allein für Honorarbescheide gelte, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erlassen werden.“

Bezüglich davor ergangener Honorarbescheide verbleibt es somit bei der vierjährigen Ausschlussfrist. Nach der Rechtsprechung des BSG bleibt das Regressrisiko jedenfalls bei sachl.-rechnerischer Richtigstellung für Honorarbescheide aus den Vorjahren 2016 – 2018 noch bestehen, bis die Vierjahresfrist für den letzten Honorarbescheid vor Inkrafttreten des TSVG am 11.05.2019 abgelaufen ist.

Anm.: Wg. der [unabhängig von Ausschlussfristen nach 2 bzw. 4 Jahren] für die KVen gegebenen Möglichkeiten, auch noch nach deren Ablauf („länger“) regressieren zu können, z.B. bei Vorliegen von Vertrauensausschlusstatbeständen des § 45 Abs. 2 S. 3 i.V.m. Abs. 4 S. 1 SGB X o.a., vgl. BSG, Urt. v. 24.10.2018, B 6 KA 34/17 R: Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist jedoch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB X auch nach Ablauf der Frist möglich (BSG, Urteil vom 24.10.2018 – B 6 KA 34/17 R – juris Rn. 29).

Anm.: zur Verkürzung der Ausschlussfrist für die Richtgrößenprüfung von vier auf zwei Jahre durch das GKV-WSG vom 26.3.2007; BSG Urteil vom 28.10.2015 – B 6 KA 45/14 R – SozR 4-2500 § 106 Nr 53 RdNr 23)
(BSG, Urteil vom 15. Mai 2019 – B 6 KA 63/17 R –, SozR 4-2500 § 106a Nr 23, Rn. 34)