Posttraumatische Belastungsstörung als Berufskrankheit im Rettungsdienst anerkennungsfähig

Bundessozialgericht, Urteil vom 22.06.2023 – B 2 U 11/20 R:

Eine Posttraumatische Belastungsstörung bei Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitätern kann als vergleichbare sog. „Wie-Berufskrankheit“ anerkannt werden, auch wenn sie nicht zu den in der Berufskrankheiten-Verordnung aufgezählten Berufskrankheiten gehört.
Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter sind während ihrer Arbeitszeit einem erhöhten Risiko der Konfrontation mit traumatisierenden Ereignissen ausgesetzt. Diese Einwirkungen sind abstrakt-generell nach dem Stand der Wissenschaft Ursache Posttraumatischer Belastungsstörungen. Dieser Ursachenzusammenhang ergibt sich aus den international anerkannten Diagnosesystemen, insbesondere dem Statistischen Manual Psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (DSM), sowie den Leitlinien der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften.

Vertragsärztliche Versorgung – Honorar- bzw. Abrechnungsprüfung (sachlich-rechnerische Richtigstellung) Ansatz der sog Unzeitgebühr (GOP 01100 EBM-Ä 2008 – „unvorhergesehene“ Inanspruchnahme (des Vertragsarztes durch einen Patienten), BSG, Urteil vom 15. Juli 2020 – B 6 KA 13/19 R –, SozR 4 (vorgesehen)

Klarstellung durch BSG [zugleich pro Arzt und gegen KVB bzw. bayerisches LSG] über einen lange strittigen Punkt der Abrechnung mit erheblicher Bedeutung für die Ärzte:

BSG aaO.: Allein der Umstand, dass tätige Ärzte für die operierten Patienten über eine Mobiltelefonnummer rund um die Uhr erreichbar waren, hat nicht zur Folge, dass die Inanspruchnahme der Ärzte durch die Patienten generell nicht mehr als „unvorhergesehen“ iS der Leistungslegende der GOP 01100 EBM-Ä anzusehen wäre.

Die Herausgabe einer Notfalltelefonnummer an Patienten diene nur dazu , „das letzte Restrisiko auszuschließen“. Diese Notfalltelefonnummer müsse „in der Regel nur sehr selten benutzt“ werden. Vor diesem Hintergrund kann die Gewährleistung der telefonischen Erreichbarkeit nicht mit der Abhaltung einer Sprechstunde oder einer anderen geplanten und organisierten ärztlichen Tätigkeit gleichgesetzt werden. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Angabe der Telefonnummer auf der Internetseite der Praxis. Ausschlaggebend ist, dass die Klägerin die Patienten auch über ihre Internetseite nicht zu einer Inanspruchnahme außerhalb der üblichen Sprechstundenzeiten aufgefordert hat. Vielmehr sollte den Patienten und auch den mit der Klägerin zusammenarbeitenden Operateuren ersichtlich die Sicherheit vermittelt werden, dass sie die Klägerin beim Auftreten von Komplikationen erreichen können.

Allein dies steht einer „unvorhergesehenen Inanspruchnahme“ iS der GOP 01100 EBM-Ä noch nicht entgegen.

Es kommt es für die Abrechenbarkeit der GOP 01100 EBM-Ä nicht darauf an, ob der Arzt von dem Patienten in einem Zeitraum in Anspruch genommen worden ist, der arbeitszeitrechtlich als Arbeitszeit zu bewerten war.