Kapitel 31.2.2 des EBM verfassungsgemäß

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22.02.2023 – L 7 KA 12/18:

Das in Kapitel 31.2.2 des EBM („Definierte operative Eingriffe an der Körperoberfläche“) enthaltene Erfordernis einer histologischen Untersuchung entnommenen Materials und/oder einer Bilddokumentation des prä- und postoperativen Befundes bei dermatochirurgischen Eingriffen stellt sich nicht als verfassungswidrig dar. Hinsichtlich eines praktisch verstärkten Verlangens nach ästhetischer Veränderung im Genitalbereich, welches auch mit den Mitteln der plastischen Chirurgie erfolgen kann, ist es nicht als unvertretbar anzusehen, die medizinische Notwendigkeit mittels des Belegs von Fotodokumentationen des OP-Gebietes vorzunehmen.
Der Vertragsarzt hat die Möglichkeit, entsprechend der medizinischen Notwendigkeiten und Wirtschaftlichkeit zwischen der Histologie oder der Bilddokumentation zu wählen. Beide Mittel sind dazu geeignet, die Abrechnung medizinisch nicht notwendiger Eingriffe zu verhindern.

Posttraumatische Belastungsstörung als Berufskrankheit im Rettungsdienst anerkennungsfähig

Bundessozialgericht, Urteil vom 22.06.2023 – B 2 U 11/20 R:

Eine Posttraumatische Belastungsstörung bei Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitätern kann als vergleichbare sog. „Wie-Berufskrankheit“ anerkannt werden, auch wenn sie nicht zu den in der Berufskrankheiten-Verordnung aufgezählten Berufskrankheiten gehört.
Rettungssanitäterinnen und Rettungssanitäter sind während ihrer Arbeitszeit einem erhöhten Risiko der Konfrontation mit traumatisierenden Ereignissen ausgesetzt. Diese Einwirkungen sind abstrakt-generell nach dem Stand der Wissenschaft Ursache Posttraumatischer Belastungsstörungen. Dieser Ursachenzusammenhang ergibt sich aus den international anerkannten Diagnosesystemen, insbesondere dem Statistischen Manual Psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung (DSM), sowie den Leitlinien der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften.

Sind Behandlungsunterlagen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, wenn datenschutzfremde, insbesondere arzthaftungsrechtlicher Ansprüche verfolgt werden?

Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 29.03.2022, Az. VI ZR 1352/20

Nach § 630g Abs. 2 S. 2 BGB trägt der Patient die entstandenen Kosten für die elektronische Abschrift der Patientenakte.
Nach Art. 15 Abs. 3 DS-GVO muss die Herausgabe der Erstkopie der personenbezogenen Daten für den Betroffenen kostenfrei erfolgen.

Die Frage, ob Behandlungsunterlagen unentgeltlich zur Verfügung zu stellen sind, wenn datenschutzfremde, insbesondere arzthaftungsrechtlicher Ansprüche verfolgt werden, ist nicht abschließend geklärt, sondern Gegenstand einer Vorlage des BGH, 6. Zivilsenat – Az. VI ZR 1352/20, zum EuGH: Vorlage vom 29.03.2022.